Advent in der Stadt Zürich - Zeugnis aus der Gassenarbeit von Br.Mathias Müller

Im Chrischtehüsli bin ich eher bekannt für meinen konkreten Einsatz für unsere Gäste und weniger für mein Predigttalent. Oftmals denke ich mir, ob ich von meinem Glauben mehr mit Worten Zeugnis geben sollte. Mehr und mehr komme ich aber zur Einsicht, dass es beides braucht: das Wort und die konkrete Tat. Gott stattet einen jeden von uns mit persönlichen Talenten und Charismen aus.

Ein wunderbares Beispiel wie Gott an unseren Gästen wirkt und ankommet ist jenes von Ali. Es handelt sich um einen jungen Kurden, der ursprünglich ins Chrischtehüsli gekommen ist, um einen Deutschkurs zu besuchen.

Wir sind miteinander ins Gespräch gekommen und später habe ich ihn öfters auf der Strasse getroffen, weil er ganz in meiner Nähe wohnte. Mit der Zeit haben wir uns immer besser kennengelernt: ich war auf Besuch bei ihm zu Hause, habe bei administrativen Angelegenheiten geholfen und bin mit ihm Autofahren gegangen, damit er sich auf die Fahrprüfung vorbereiten konnte. Wir haben uns dabei über praktische Lebensangelegenheiten ausgetauscht, jedoch kaum über Glaubensfragen.

Es kam dann eine Zeit, wo wir uns aus den Augen verloren haben. Ganz unerwartet tauchte Ali wieder im Chrischtehüsli auf und erzählte mir stolz, dass er sich habe taufen lassen. Ich bin ganz erstaunt und war mir überhaupt nicht bewusst, was sich bei Ali im Innern alles abgespielt hatte. Er erzählt mir, dass er mit jungen Christen in den Kontakt gekommen sei, sie haben über Jesus gesprochen, in der Bibel gelesen und schliesslich die Taufe vollzogen. 

Voller Freude lädt er mich in seine Kirche ein, wo er sein Glaubenszeugnis geben wird. Natürlich ist er ganz aufgeregt. Auch ich bin gespannt zu erfahren, was ihn dazu geführt hat sich taufen zu lassen. Er fängt an zu erzählen von seinem Lebens- und Glaubensweg. Aufgewachsen in einer muslimischen Kultur, war er enttäuscht über das Verhalten jener Menschen, welche am meisten vom Glauben gesprochen haben. Er hat sich so immer mehr von seinem ursprünglichen muslimischen Glauben abgewandt. In der Schweiz ist er dann mit Christen in Kontakt gekommen und hat gemerkt, dass sie gar nicht dem Bild entsprechen, welches ihm vermittelt wurde. Gerade im Chrischtehüsli war er beeindruckt von der Hilfsbereitschaft und wie die Leute miteinander umgegangen sind. Er hat gemerkt, dass die Christen anders sind. Das hat ihn bewogen sich wieder mehr mit dem seinem eigenen Glauben auseinanderzusetzen. 

Durch das Zeugnis von Ali ist mir bewusst geworden, dass er vor seiner Begegnung mit den jungen Christen, schon längere Zeit einen inneren Prozess durchgemacht hat. Entscheidend auf diesem Weg waren auch die konkreten Taten der Liebe der Christen, der Dienst an den Menschen, die Geduld, die Verfügbarkeit. Gott hat auf wunderbare Weise an Ali gewirkt. Er hat sich dabei verschiedener Menschen bedient, welche je auf ihre Art einen Beitrag geleistet und auf seinem Glaubensweg geholfen haben. Es hat alle gebraucht: die einten säen, andere giessen und wieder andere ernten…