Gesegnete und frohe Weihnachten! Ein kleiner Gedanke zu Weihnachten:

Vorbereitung der Krippenaufstellung bei den Franziskanern in Zürich
Vorbereitung der Krippenaufstellung bei den Franziskanern in Zürich

Das verlorene Jesuskind: Weihnachten im Heute erleben

Den größten Konflikt unseres Noviziates hatten ein Mitnovize und ich bei der Aufstellung der Weihnachtskrippe in der Klosterkirche des Franziskanerklosters Näfels. Als Novizen hatten wir die ehrwürdige Aufgabe die große Krippe aufstellen zu dürfen. 

Mein Mitnovize stellt die Figuren in der Kirchenkrippe sofort gleich so auf, dass jede Person auf das Jesuskind hinschaute: jedes Schaf, der Ochse und der Esel und der Hirtenhund.  
Jesus Christus, der Neugeborene, war so die Mitte von allem und zog jeden Blick auf sich. Alle Welt richtet sich auf Christus aus.
Mich hat das sofort maßlos geärgert, so dass ich gleich eine bessere Aufstellung machte und niemand mehr auf das Jesuskind hinschaute: das Schaf blickte auf den Hirten, der Hirte in die Ferne, der Esel auf das Fressen und der Ochs auf die Wand. Christus ist verloren mitten in unserer Welt und wir entdecken ihn schon gar nicht.
So verfielen wir beim Krippenbau in tagelange Streitigkeiten über die einzig würdige und dem Menschen angemessene Aufstellung der Weihnachtskrippe. Bis heute dauern die Streitigkeiten an und mein Mitbruder ist gespannt, wie denn die Krippe in der Gemeinschaft von Zürich, die ich

aufstellen werde, jetzt aufgestellt sein wird.
Wird das Jesuskind, der menschgewordene Sohn Gottes, die Mitte von allem sein oder wird das Kind in der Krippe nur verborgen irgendwo sein, ohne dass die meisten es sofort sehen

werden?
Der christliche Glaube sagt uns eindeutig, dass der menschgewordene Sohn Gottes die Mitte aller Wirklichkeit ist, denn einzig in IHM ist Gott ganz und gar gegenwärtig und er erlöst uns durch seine liebende Hingabe. Die Wirklichkeit aber lehrt uns, dass die meisten Menschen heute zwar gerne

Weihnachten als Familienfest feiern, aber keinen Bezug zum Jesuskind haben und lieber den Weihnachtsmann verehren, der die Geschenke vorbeibringt. Ist uns das Jesuskind nicht verloren gegangen??? Und lebt es nicht mehr im Zelt eines frierenden Obdachlosen irgendwo in einem Wald Zürichs als in der schönsten Orchestermesse, die wir an Weihnachten in Zürich oder anderswo feiern werden?
Vermutlich bin ich seit meinem Noviziat doch etwas reifer geworden und sehe, dass wohl wir

beiden Novizen von damals recht hatten. Ich selber habe Weihnachten schon im „Chrischtehüsli“

(eine Anlaufstelle für randständige Menschen in Zürich) mitgefeiert: mit dem Salat im Plastikgeschirr, einem billigen Colagetränk und einem gut gekochten Nachtessen, sitzend neben einem Obdachlosen und einer Frau aus Bosnien, die aus dem aufgestellten Geschenkkorb sich selbstgestrickte Handschuhe mitnehmen  durfte. Der verborgene Jesus an Weihnachten wenig sichtbar im Herzen von Randständigen.

Und ich werde Weihnachten in einer Orchestermesse mit Streicherensemble in einer Eucharistiefeier begehen, in der ich der Tiefe des menschgewordenen Christus in höchster Kunst begegnen kann, die mich ebenfalls sehr tief und intensiv berühren wird.

Beides stimmt: Weihnachten ist da, wo ich es in meiner Armut suchen muss und nie erwarten dürfte: in der Armut von Menschen, in der Einfachheit meines Alltags und im verborgenen Jesus. Aber es ist auch da, wo mein Herz erhoben wird und ich hinter dem Schönen das Geheimnis verborgener Liebe Christi erfahren darf. So führen uns die verschiedensten Krippendarstellungen zum einen Geheimnis: Jesus Christus, dem Neugeborenen, überall begegnen zu können und ihn überall immer neu suchen zu dürfen und zu müssen. (Br.Paul Zahner OFM, Franziskaner in Zürich)

 

Von Herzen wünsche wir Ihnen eine gesegnete Suche nach dem Jesuskind an

diesem Weihnachtsfest! Ihre Brüder der Kustodie Christkönig Schweiz