1. Advent: Auf Gott warten ist perfekte Aktivität

Vor einiger Zeit bekam ich Post mit einer Karte drin. Auf der Karte sieht man zwei Leute auf einem Segelschiff, die Richtung Sonne/Richtung Licht schauen. Und daneben steht der Satz: 'Auf Gott zu warten ist perfekte Aktivität.' Dieser Satz ist von einem Oswald Chambers. Chambers war ein schottischer Pastor, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Nahen Osten als Missionar tätig war.

Auf Gott zu warten ist perfekte Aktivität. –

Warten: Wir warten viel. Wir warten im Stau, bis es endlich weitergeht. Wir warten beim Zahnarzt, bis wir drankommen. Wir warten an der Kasse. Wir warten, bis die Coronainfektionen abnehmen und wieder mehr Normalität einkehrt. Wir warten.

Manchmal haben wir das Gefühl: Warten ist nutzlose Zeit; Zeitverschwendung. Wir könnten in dieser Zeit anderes tun; etwas Nützliches; etwas Sinnvolles. Warten ist doch nur ein Müssen. Und doch geht es nicht anders. So oft müssen wir halt einfach - warten.

Dann gibt es Leute, denen fehlt die Energie zum Leben; sie fühlen sich leer und ausgelaugt und sie warten, bis es Abend wird. Ein Warten ohne wirkliches Ziel.

Manche lenken sich beim Warten ab; hören Musik oder sind mit dem Smartphone beschäftigt.

Kurz gesagt: Warten empfinden wir oft als negativ, als leere, passive Zeit; als Warten müssen. Warum ist das so? Vielleicht empfinden wir Warten als negativ, weil wir das eigentliche, das wesentliche Warten nicht im Blick und nicht im Empfinden haben: Das Warten auf Gott.

Chambers sagt es so: Auf Gott warten ist perfekte Aktivität. Auf Gott warten ist das Sinnvollste, was wir tun können. Oder anders gesagt: Das Leben hat nur einen Sinn und ein Ziel, weil wir Gott erwarten dürfen. Gott erwarten – nur das gibt dem Leben im tiefsten einen Sinn.

Advent ist die Zeit, wo uns die Kirche wieder klar macht: Warten ist nicht leere, nutzlose Zeit; warten ist sinnvoll. Unser Leben ist ein Warten auf Gott. Das meint Jesus mit 'wachsam sein' – das Er in den Evangelien öfters eindringlich betont. Wachsam sein; das heisst: nicht vergessen, nicht aus den Augen verlieren, für was wir leben. Wir leben auf Gott hin.- Auf Gott zu warten ist perfekte Aktivität.

In der Mitte des 19. Jahrhundert wurde in Hamburg der Adventskranz erfunden. In einer Schule für Kinder aus ganz armen Verhältnissen. Die Kinder fragten im Advent immer wieder, wie lange geht es noch bis Weihnachten? Der Leiter der Schule, Johann Hinrich Wichern, hatte die Idee, dies mit Kerzen zu zeigen. Beim ersten Adventskranz gab es für jeden Tag eine Kerze. Später für jeden Sonntag. So entstand der Adventskranz. Jeden Sonntag entzünden wir ein Licht mehr. Das Licht wächst. Wir gehen dem Licht entgegen. Wie auf dieser Karte, die ich bekam: die beiden Leute, die in Richtung Licht schauen. Auf das Licht warten. Christus, den Heiland, erwarten – das ist Advent. Wenn wir das Leben überhaupt wieder mehr als 'Advent' verstehen, als Warten auf Gott; Christus erwarten – dann bekommt auch das alltägliche Warten plötzlich mehr Sinn; wird zum Gleichnis.

Christus erwarten dürfen: Das gibt unserem Leben Sinn und Freude: Komm, Du Heiland aller Welt.

(Impuls von Br.Raphael Fässler OFM, Maria Dreibrunnen
 Bild: Fontis-Shop: https://www.fontis-shop.ch/Es-lohnt-sich-auf-Gott-zu-warten-12er-Postkartenset  )